Thomas Weisskopf

Reportage, 2017

Blick in die Hölle

Ana wartet vor der Zelle. Sie wird bald zum ersten Mal eingesperrt.

gefängnis prison jail manila philippines

Blick von oben über die Männerzelle. Gleich rechts daneben befindet sich die Frauenzelle.
Auch die Polizeibeamten finden die Zustände schrecklich. Für so viele Gefangene fehlt es an Ressourcen und Planung.

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In der Zelle sind verschiedene Gangs untergebracht. Trotzdem bilden sie zusammen eine grosse Schicksalsgemeinschaft.
Egal welches Verbrechen jemand begangen hat, der Glaube ist bei allen Gefangenen tief verankert.

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Blick in die Frauenzelle. Es gibt keine Privatsphäre. Frauen waschen sich im Hintergrund neben der Latrine.

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Bei 40C Hitze ist jedes Kleidungsstück eine zusätzliche Bürde. Es ist ein harter Kampf um Zentimeter und etwas Liegefläche. Für den Fotografen war es nicht einfach, eine Lücke für die Fläche seiner Schuhe zu finden. Die Gefangenen haben ihn so gut es ging aufgenommen.

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Erschöpfung und Angst auf engstem Raum.

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Der Blick ins Leere. Jede Hilfe kam zu spät.

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Drogen sind streng verboten in der Zelle. Das gilt auch für Zigaretten. Ab und an findet eine Schachtel ihren Weg in die Zelle. Auch Essen,Seifen und Medikamente vom Fotografen werden lautstark begehrt. Wer noch Kraft hat, macht sich bemerkbar. Die Stillen gehen unter.

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Die hierarchischen Verhältnisse regeln die Gefangenen selbst. Der Chef in der Zelle wird

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Alle Gefangenen leiden an entsetzlichen Hautkrankheiten und Asthma. Die Dehydration führt zu einem gefährlichen Dämmerungszustand der Gefangenen.

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Eigentliche Tageszeiten gibt es in der Zelle nicht mehr. Es wird  wortwörtlich in Schichten geschlafen. Der Wechsel, wer liegen darf und wer stehen muss, geschieht nach eigenen Regeln.

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Die Frauenzelle und die Männerzelle sind nur durch  Gitterstäbe  abgetrennt. Ana wird von einem männlichen Gefangenen an den Haaren gerissen.

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Ana, Jimboy und weitere 15 Gefangene werden mit einem   Jeepney zur Polizeistation gebracht. Es sind immer mehrere Gefangene mit Handschellen überkreuzt aneinander gebunden.

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Ana wartet auf ihr Verhör. Sie ist 41 Jahre alt und Mutter von 7 Kindern. Sie wurde mit der Droge Shabu erwischt und wird mit einer lebenslänglichen Strafe rechnen müssen.

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Ana, Jimboy und weiter 15 Gefangene warten nach dem Verhör um halb drei Uhr morgens vor den Zellen.Für viele Gefangenen beginnt jetzt auch ein kalter Drogenentzug.

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Projektbeschrieb

Es gibt auf der Polizeistation in Tondo (Manila) zwei Zellen. Ein Schild besagt, dass die 14m2 grosse Männerzelle im Idealfall mit 45 Personen zu belegen und die Frauenzelle mit einer Grösse von 6,7 m2 für 18 Insassen vorgesehen ist.
Ich hatte im July und Oktober das grosse Glück, dass ich Stunden und Tage in diesen Zellen verbringen durfte. Es ist momentan praktisch unmöglich mit einer Kamera ein Gefängnis zu besuchen. Ich wurde jeweils ohne einen Wärter eingeschlossen. Die Bilder zeigen hauptsächlich die Männerzelle, welche mit über 90 Gefangenen belegt war. Die Enge, die Luftfeuchtigkeit und der Geruch sind so extrem, dass alle eingeschlossenen Personen schon nach nur wenigen Stunden an die eigenen Grenzen kommen. Die entstandene Arbeit ist eine Allegorie für Hölle auf Erden. Auch die Polizeibeamten finden die Zustände schrecklich. Es fehlt an Ressourcen.
Die Gefangenen erhalten nur Nahrung von Angehörigen. Viele Gefangene sind auf Spenden von anderen Gefangenen angewiesen. Die Insassen bleiben bis zu 2 Monaten dort eingeschlossen ohne zu wissen, wie ihr Fall weiter behandelt wird. Nach zwei Monaten werden sie in der Regel in ein grösseres Gefängnis verlegt. Alle Gefangenen leiden an schrecklichen Hautkrankheiten und viele leiden an Asthma. Ich habe den Gefangenen Unmengen an Essen und Medizin gebracht, wissend, dass es nur eine kleine Erleichterung bringen wird. Nach tausenden von Bildern war mein Projekt beendet, als ich selbst körperlich am Ende war.
Eine Bildauswahl zu treffen ist dementsprechend schwer. Die eingereichten Bilder konzentrieren sich auf die Männerzelle. Auf einem Bild ist eine Frau zu sehen, die von einem männlichen Gefangenen an den Haaren gerissen wird. Sie heisst Ana R. und ist 41 Jahre alt und Mutter von 7 Kindern. Sie wurde mit Drogen (Shabu) erwischt und muss mit einer lebenslangen Strafe rechnen. Sie ist auch auf anderen Bildern mit dem "cute" T-shirt zu sehen. Ich wurde Zeuge wie sie und Jimboy (Junge mit dem "Tribal" T-shirt) und 15 andere Gefangene mitten in der Nacht mit einem Jeepney zur Station gebracht, verhört und schliesslich eingesperrt wurden. Ich habe viele Gefangene persönlich kennengelernt, ihre Geschichten dokumentiert und ihre Angehörige im bitterarmen Slum von Tondo besucht. Auch jetzt noch stehe ich Kontakt zu diesen Familien und versuche zu helfen.

Publikationsinformationen

Titel der Arbeit
Blick in die Hölle
Publikation
Das Magazin, Nr. 50, 16. Dezember 2017, Tagesanzeiger