Luca Zanier

Fine Art, 2015

CORRIDORS OF POWER

Selektionierte "Fine Art" 2015

Der Bau der Aula Bunker neben dem alten Staatsgefängnis Ucciardone in der sizilianischen Metropole Palermo war die Voraussetzung für Italiens ersten Massenprozess gegen die Mafia. Ein Hochsicherheits-Gerichtssaal aus raketensicherem Stahlbeton, 475 Angeklagte hinter Käfiggittern, vor der Tür stand an jedem der 349 Verhandlungstage zwischen Februar 1986 und Dezember 1987 ein Panzer. Am Ende verliessen 358 Mitglieder der Cosa Nostra die Aula Bunker als Verurteilte, 19 Mal lebenslänglich, Gesamthaftstrafe 2 665 Jahre.

massenprozess hochsichrheits-gerichtssaal corridors of power mafia palermo

Paarweise haben die Mitglieder in Maltas Zwei-Parteien-Parlament die längste Zeit gesessen. Der Saal im Palast des Grossmeisters, auf der Insel seit Jahrhunderten traditioneller Sitz der Regierenden, hat seine Funktion verloren, die Abgeordneten müssen sich an eine neue Tischordnung gewöhnen: Ab Mai tagt das Repräsentantenhaus im neuen Parlamentsgebäude, das nach den Plänen des Architekten Renzo Piano am Freiheitsplatz der Kleinsthauptstadt Valletta entstanden ist.

politik corridors of power valetta parlament malta

Nur einmal im Monat verlegen die 751 Abgeordneten des Europaparlaments ihre Sitzungen für vier Tage an ihren Zweitsitz
Strassburg, begleitet von knapp 4 000 Mitarbeitern und Dolmetschern und ganzen Lastwagenladungen von Unterlagen.
Rund 200 Millionen Euro Steuergelder verschlingt die parlamentarische Pendlerkarawane pro Jahr. Nur ein einstimmiger Beschluss der 28 EU-Mitgliedsstaaten könnte der Wanderbewegung
ein Ende setzen. Bislang blockierte die französische Regierung alle Versuche, Brüssel zum alleinigen Parlamentssitz zu erklären.

strassburg corridors of power eu politik europaparlament

Die Leere vor dem Sturm: Zu den täglichen Öffnungszeiten ist der Andrang im Lesesaal in der sechsten Etage des Jacob- und-Wilhelm-Grimm-Zentrums so gross, dass die Bibliothek der Berliner Humboldt-Universität den Nutzern strenge Pausenregeln auferlegt – wer mehr als 60 Minuten nicht an seinem Tisch sitzt, verliert den Platz.

berlin bibliothek humboldt-universität corridors of power

Im dritten von fünf Untergeschossen des Home of FIFA tagt das Exekutivkomitee des Weltfussballverbands. Am Zürichberg hat die Schweizer Architektin Tilla Theus der Fifa eine Zentrale gebaut, die sie „ein Privathaus für die Familie“ nennt. Die Entscheidungsträger der Fussballfamilie kommen im unterirdischen
Sitzungssaal mit seinem deckenfüllenden Kristallleuchter in Arenaform zusammen. Ex-Fifa-Präsident Joseph Blatter fand, das Licht müsse in Räumen wie diesem „von den Leuten kommen, die da drinnen sind“.

home of fifa corridors of power zürich exekutivkomitee fussball

Stiller Raum aus nacktem Stein: Indirektes Licht lässt die Onyxmarmorwände des Andachtsraums im Home of Fifa erglühen. Im Zürcher Hauptquartier des Weltfussballverbands kommen Menschen aller Religionen und Bekenntnisse zusammen. Im Andachtsraum verzichtet die Fussballgemeinde deshalb ganz bewusst nicht nur auf Türen, sondern auch auf alle religiöse Symbolik. Nur in den Durchgängen weist je ein grüner Pfeil des amerikanischen Künstlers James Turrell gen Mekka.

home of fifa corridors of power fussball andachtsraum zürich

Gegenüberstellung in Saal XXIV: Der Genfer Völkerbundpalast ist ein Knotenpunkt der internationalen Diplomatie. In der Europa-Zentrale der Vereinten Nationen finden jährlich rund 9 000 Treffen und Konferenzen mit 28 000 Delegierten statt. Voraussichtlich ab 2015 steht dem gesamten Komplex des UN-Hauptsitzes in Europa ein weiterer umfangreicher Umbau bevor, geschätzt auf Kosten von 670 Millionen US-Dollar und eine Dauer von acht Jahren.

genf corridors of power uno völkerbundpalast vereinte nationen

Demokratie, Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und deren Schutz sind die Themen des Europarats, die Parlamentarische Versammlung ist sein Debattenschauplatz. Dem Rat, 1949 als erste der grossen europäischen Organisationen gegründet, gehören heute 47 Mitgliedsstaaten an. Sechs weitere Staaten sind mit Beobachterstatus im Strassburger Europapalast vertreten: Israel, Japan, Kanada, Mexiko, die USA und der Vatikan.

politik corridors of power eu europarat brüssel

Projektbeschrieb

Staaten haben Regierungen, Konzerne werden von Verwaltungsräten gesteuert und auch die Organisationen der Zivilgesellschaft – beispielsweise die Gewerkschaften – funktionieren mit übergeordneten Organen. Sei es freiwillig wie in Demokratien oder unfreiwillig wie in Diktaturen: individuelle Entscheidungen bestimmen einen grossen Teil der kollektiven Existenz. Die gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Führung liegt in den Händen weniger Entscheidungsträger. Und die Orte, an denen sie ihre Entscheidungen treffen, sind manchmal pompös, repräsentativ und öffentlich zugänglich, manchmal klein, unscheinbar und verborgen. In jedem Fall sind es Räume der Macht. Sie faszinieren als Symbole eines global vernetzten Systems von Gesellschaft, Politik und Wirtschaft.

Publikationsinformationen

Titel der Arbeit
CORRIDORS OF POWER
Seite(n)
96
Buchtitel
Corridors of Power
Herausgeber
Robert F. Kennedy Human Rights Foundation
Verlag
Robert F. Kennedy Human Rights Foundation
Ort
Zürich