Christian Bobst
Reportage, 2016
Der Fels von Ngor
Kategoriensieger "Reportage" 2016
Projektbeschrieb
Ringen, auf Französisch „la lutte“genannt, ist in Senegal die weitaus populärste Sportart. Tausende junger Männer üben sich im Ringkampf und träumen von einer Wrestling-Karriere. So auch Djibril Ndir, ein junger Mann aus dem Quartier Ngor in Dakar. Er hat sich den Wrestler-Namen „Kherou Ngor“ gegeben, was so viel wie „Der Fels von Ngor“ heisst. Djibril träumt davon, eines Tages den Titel „Le roi des arènes“ zu holen. Durch den Einstieg großer Sponsoren ist die "Lutte sénégalaise“ nämlich zum Millionen-Business geworden, welches die erfolgreichsten Wrestler zu medialen Superstars und Euro-Millionären macht.
Bei der „Lutte sénégalaise“ geht es nicht nur um Muskeln und Millionen, auch Magie spielt eine wichtige Rolle. Ohne die mächtigen Marabouts, wie die Senegalesen ihre Schamanen nennen, geht gar nichts. Die Wrestler geben oft sehr viel Geld aus, um ihre Gegner mit Amuletten, Zaubertränken und Geheimritualen zu übervorteilen. Im westlichen Volksmund werden diese Praktiken oft „Voodoo“ genannt; in Senegal heisst dies „Gris-gris“. Kherou Ngor hat Glück, da einer seiner Onkel ein sehr angesehener Marabout ist. Dessen Söhne unterstützen den Lutteur als schamanistische Helfer, bringen am Familienschrein Opfer, versorgen ihn mit „Gris-gris“-Amuletten und begleiten ihn zu den Kämpfen.
Der erste Teil meiner Fotoreportage über die senegalesischen Wrestler entstand bei zwei Reisen im April und August 2015. Im Januar 2016 wurde die Story erstmals im Magazin Stern publiziert, danach in zahlreichen anderen Magazinen und Zeitungen weltweit. Das Bild, auf welchem sich der Wrestler Kherou Ngor im Meer mit Milch übergiesst, erhielt dabei besonders viel Beachtung. Im Juli 2016 reiste ich deshalb wieder nach Senegal, um die Geschichte von Djibril Ndir alias Kherou Ngor zu vertiefen.