Christian Bobst

Reportage, 2015

Die Voodoo-Wrestler von Senegal

Senegal, 11. August 2015. Der Wrestler Kherou Ngor übergiesst sich im Meer am Ufer des Stadtteils Ngor in Dakar mit Milch. In den Steinen am Ufer de Quartiers Ngor soll ein Geist hausen, dessen Kraft und Schutz Kherou mit dem Opferritual gewinnen will, um bei den Kämpfen erfolgreich zu sein.

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Senegal, 31. März 2015. Junge Männer trainieren an der Corniche von Dakar in der Wrestling Schule von Boy Kaire, einem bekannten Ex-Wrestler.  Die Nachwuchs- Wrestler haben wenig Geld und trainieren deshalb mit einfachsten Mitteln. In der Schule des ehemaligen Wrestling Stars Boy Kaire müssen die Wrestling-Schüler zum Beispiel sich gegenseitig auf den Armen tragend über den Sandstrand der Corniche von Dakar rennen.

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Senegal, 28. März 2015. Ein Turnier in der Arena Adrien Senghor neigt sich dem Ende zu. Die Atmosphäre in der kleinen Arena erinnert an Gladiatoren- und Ringkämpfe der Antike, von der der senegalesische Ringkampf  ursprünglich abstammen soll. Da es tagsüber zu heiss ist, finden die Wettkämpfe meist Abends statt und dauern nicht selten bis Mitternacht.

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Senegal, 5. April 2015. Ousmane Ndiaye, ein Gris-Gris Präperator bereitet den Wrestler Kehrou Ngor auf den nächsten Kampf vor, indem er am Cham - dem Andachtsort der Ahnen einer Familie - mit Pflanzenmilch ein Opfer bringt. Weisse und schwarze Magie, bei uns umgangssprachlich oft generell als

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Senegal, 5. April 2015. Wrestler Balla Gaye 2 lässt im Stadion Demba Diop in Dakar vor dem mit 200 Millionen CFA, (ca. 315´000 USD) dotierten Kampf gegen Emeu Sene  mehrere Tauben frei – auch dies ein Gris-gris  Ritual, welches Glück bringen soll. Der Wrestler trägt zudem zahlreiche Amulette am Körper, welche im ubernatürliche Kräfte verleihen sollen. Nachdem er 2012 den über 15 Jahre ungeschlagenen Champion Yekini entthronte, wurde Balla Gaye 2, der mit wirklichen Namen Omar Sakko heisst, in Senegal zum Superstar.

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Senegal, 5. April 2015. Über 25000 Zuschauer warten im restlos ausverkauften Stadion Bemba Diop gespannt auf den Kampf zwischen den Superstars Balla Gaye 2 und Efeu Sene. Viele haben Transparente mit den Bildern ihres Lieblingswrestlers mitgebracht.

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Senegal, 5. April 2015. BB Bismi Ndoye besiegt den Ringer Maraka Dji im Stadion Demba Diop im Vorprogramm des Kampfes zwischen den Superstars Balla Gaye 2 und Efeu Sene. Beim Senegalesischen Wrestling dauern manche Kämpfe nicht länger als 90 Sekunden, nur sehr wenige überdauern 15 Minuten. Aus diesem Grund finden im Vorprogramm der Kämpfe der grossen Stars auch immer mehrere Kämpfe zwischen weiteren bekannten Ringern statt.

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Senegal, 4. April 2015. Am senegalesischen Unabhängigkeitstag verfolgen Menschen auf zwei gegenüberliegenden Seiten einer Strasse von Dakar auf den Bildschirmen von zwei Fernsehgeschäften einen Ringkampf.  Der Unabhängigkeitstag ist in Senegal ein Feiertag, an dem jedes Jahr traditionellerweise wichtige Ringkämpfe stattfinden, welche von Goss und Klein, Mann und Frau im ganzen Land gebannt verfolgt werden. Die Ringkämpfe erfreuen sich mittlerweile einer grösseren Beliebtheit als Fussball.

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Projektbeschrieb

Ringen, auf englisch „wrestling“, auf französisch „la lutte“ und in der lokalen Sprache „lamb“ genannt, ist in Senegal die weitaus populärste Sportart. Die „lutte sénégalaise“ unterscheidet sich vom Ringkampf in anderen Ländern durch mystische Rituale, welche man im Westen umgangsprachlich als Voodoo bezeichnet. Die Senegalesen verwenden dafür jedoch nicht den Begriff „Voodoo“ sondern „Gris-gris“. Gris-gris werden ganz allgemein auch die von Schamanen päparierten Amulette und Zauberflüssigkeiten genannt, mit denen die Kämpfer ihre eigenen Kräfte zu stärken und die ihrer Gegner zu schwächen versuchen. Auch die Beschwörung von Geistern und Ahnen spielt eine wichtige Rolle. Dabei übergiessen sich die Wrestler oft mit Kuhmilch als Opfergabe für die Geister. Die mystischen Rituale werden bei der „lutte sénégalaise“ zusammen mit hypnotischen Trommelklängen, Gesängen und Tanzeinlagen als fester Teil der Show zelebriert. Sowohl die Ringer als auch das Publikum sind überzeugt von deren Wirkung.

Durch den Einstieg grosser Sponsoren, wie zum Beispiel den in Afrika boomenden Telekommunikations-Unternehmen, ist die "Lutte Sénégalaise" mittlerweile nämlich zum Millionen-Business geworden. In den letzten 10 bis 15 Jahren haben sich die Preisgelder mehr als verzehnfacht. Die Champions verdienen mittlerweile pro Kampf bis zu 250000 US Dollars, die grossen Stars füllen die Fussballstadien bis zum letzten Platz. Die ganze Bevölkerung in Senegal, jung und alt, Frau und Mann verfolgen die Kämpfe gebannt im Fernsehen.

Kein Wunder träumen zehntausende junger Männer in Senegal von einer Wrestling-Karriere und gehen in den immer zahlreicher werdenden Ringer-Schulen zum Training. Den Erfolgreichen winken nicht nur stattliche Preisgelder und gesellschaftlicher Respekt, sondern auch sichere Jobs, zum Beispiel als Security-Angestellte in Hotels.

Publikationsinformationen

Titel der Arbeit
Die Voodoo-Wrestler von Senegal