Fabian Biasio
Editorial, 2007
"Ich will noch nicht sterben."
Kategoriensieger "Editorial" 2007
Projektbeschrieb
Mein Freund, der Journalist Philippe Kropf, war bereits einmal im Irak. Sein erster Trip hat mich zum Mitreisen noch nicht interessiert, weil ich keine Foto-Storys sah, die nicht ein AP oder Reuters Mann vor Ort viel besser hätte realisieren können. Das Risiko war mir dafür auch viel zu hoch. Doch nach seiner Rückkehr schmiedeten wir gemeinsame Pläne: Welche Irak-Storys sind die Geschichten von Morgen? Welche Aspekte gingen bisher in der Berichterstattung mehrheitlich vergessen?
Wir wollten unbedingt eine neue Sichtweise zeigen und nicht die altbekannten, grantigen Marines, die sich aus Blackhawk-Helikoptern abseilen und Türen irakischer Häuser eintreten. Anzufügen ist, dass es als männlicher ausländischer Journalist ohne "Embedding" bei US-Truppen schlicht lebensgefährlich ist, im Irak zu arbeiten. Mutige Journalistinnen können sich hingegen, als Einheimische mit Burka getarnt, einigermassen sicher bewegen.
Für uns war auch vom ersten Moment an klar: Als Eingebettete kann der Inhalt der Story nicht der Irak sein - es wird eine Story über die USA werden. Das Risiko des instrumentalisierten Journalismus von US-Verteidigungsministeriums Gnaden ist eine Realität, auch wenn die Kontrollen weniger rigoros waren, als anfänglich befürchtet.
So lag es nahe, eine Geschichte über diejenigen Akteure des Krieges zu machen, die in Europa gerne als Täter und Bösewichte schlechthin angesehen werden: Die amerikanischen Soldaten, die sich oft aus einer wirtschaftlichen Misere der Armee verdingt haben. Es sollte auch eine Geschichte sein, die nachhaltig ist – eine Geschichte über den früher oder später zu erwartenden Rückzug aus Irak. So planen wir im kommenden November, die bis dann nach Hause verlegten Soldaten der "Desperado-Kompanie" in Texas zu besuchen. Und natürlich haben wir dafür noch keine Abnehmer. Bildredakteure, meldet euch!
Verkauft haben wir auch diese Porträtstory erst nach unserer Rückkehr - dem Neon. Die Idee mit den Glücksbringern hat Philippe eingebracht, als er auf seiner ersten Reise einige dieser Talismane zu sehen bekommen hat: Kaum ein Soldat, der im Einsatz nicht einen persönlichen Glücksbringer auf sich trägt. Ich fotografierte diese Talismane als Nahaufnahme in den Händen der Soldaten, nachdem ich sie in ihrem persönlichen Quartier, ihrem kleinen Reich – porträtiert habe.