Roger Frei
Architektur, 2016
incompiute
Projektbeschrieb
Wir sind es gewohnt Baustellen zu passieren, neben lauten Baggern und Kranen zu wohnen oder arbeiten zu müssen. Und wir sind erleichtert, wenn sich die klaffende Wunde im urbanen Gefüge wieder schliesst und im besten Fall ein neuer, guter Ort entstanden ist. Es wird geplant, gebaut, vollendet. So ist das hierzulande.
Wie ist es aber, wenn sich solche Stellen nicht mehr schliessen? Wenn die Ressourcen ausgegangen, die Arbeiter abgezogen sind und nur die Skelette stehen bleiben? Kein Hauch von neuem Leben. Für Jahre, für immer?
In ganz Italien gibt es fast 900 staatliche Baustellen, die eingestellt und bis heute nie vollendet wurden; weil es an Geldern fehlt, unrealistische Zeitpläne gemacht wurden oder willkürliche Vergaben an Baufirmen stattgefunden haben - Sportstätten, Schulen, Spitäler, Theater, ebenso wie Wohn- und Infrastrukturbauten.
Sie allesamt werden per definitionem als “opere incompiute” bezeichnet.
Seit 2011 gibt es in Italien ein Gesetz, welches dem Ministerium für Infrastruktur vorschreibt, jährlich eine Liste aller unvollendeten, von staatlichen Geldern gespeisten Bauvorhaben zu veröffentlichen. Allein in der Region Lazio, sie hält den Landesrekord, gibt es über 80 solcher Projekte die eingestellt wurden oder deren Ausgang noch in den Sternen steht.
In seiner Arbeit hinterfragt Roger Frei den Charakter und die Stimmung der betroffenen Orte mit fotografischen Mitteln und demaskiert das Vorgefundene als Mahnmal von Verschwendung und Misswirtschaft.
(Diese Arbeit entstand im Frühjahr 2016 und wurde unterstützt durch ein Atelierstipendium des Kantons St. Gallen)