Peter Tillessen

Vor ein paar Jahren hörte ich die Geschichte eines Mannes, der seinen gesamten Immobilienbesitz in der selben, gelben Farbe anstreichen lässt. Erst wollte ich die Geschichte nicht glauben, denn sie klang wie ein Märchen oder eine Sage für mich: der Immobilienbesitzer mit der eigenen Hausfarbe; der Unternehmer, der sein Hab und Gut markiert, um so seinen sonst unsichtbaren Besitz für alle sichtbar zu machen. Doch dann fuhr ich in die kleine hessische Stadt Volksmarsen und schaute mir das Phänomen vor Ort an. Alle Einwohner kennen dort die safrangelben Häuser und nennen sie nach seinem Besitzer ‚funkegelb‘. Josef Funke, ein mittlerweile älterer Herr, kaufte sich als junger Mann in den Nachkriegsjahren einen kleinen Transporter und gründete damit sein Baugeschäft. Dieses wuchs konstant und so wurde er mit seiner Sandgrube bald zum grössten Bauunternehmer der Stadt. Seinen Gewinn begann er dort in Immobilien zu reinvestieren, die er seit Jahrzehnten in der selben auffallenden Farbe streichen lässt. Der Grund für dieses Verhalten ist unbekannt doch kursieren diesbezüglich diverse Gerüchte im Ort: so sagt man, er habe diese Farbe einfach besonders gern. Andere behaupten, er habe in den 60er Jahren die Gelegenheit gehabt, einen grossen Restposten Malerfarbe RAL 1017 zu besonders günstigen Konditionen zu erstehen. Da es ihm an Lagerfläche nicht mangelte habe er die Farbe kurzerhand gekauft und streiche seitdem alle seine Gebäude damit. Andere sagen, er sei einfach stolz auf seine klassische Tellerwäscherkarriere und wolle dies im Ort durchaus auch zeigen. Herr Funke wollte mich leider nicht persönlich sprechen. Seine 15 Häuser im Stadtkreis (von denen ich hier acht zeige) sind hingegen leicht zu finden. Ich habe diese Gebäude mit einer analogen Point-and-shoot Kleinbildkamera fotografiert. Ich wollte sie bewusst nicht in architekturfotografischer Weise überhöhen sondern schlicht so zeigen, wie sie sich den Einwohnern von Volksmarsen tagtäglich präsentieren.