Angelo Alfredo Lüdin

Fine Art, 2001

sperrzone

Projektbeschrieb

Die Arbeit ‹sperrzone› zeigt Doppelbelichtungen des Künstlers, die er mit Hilfe eines Selbstauslösers auf Polaroid
aufgenommen hat. Vor weissem Hintergrund verwandelt sich sein Körper durch den fotografischen Prozess in eine formale Erscheinung, in immer neue Modellierungen.
Der Körper ist ein Haus, in dem man sich für ein ganzes Leben einrichtet. In jedem Fall aber, ob als Ort des Glücks oder Schmerzes, gehört der menschliche Körper zum vergänglichsten Material der Welt. Lüdin hat sich selber aus seinem Körper gejagt, um das Körpermaterial schonungslos zu zerlegen und zu einem neuen Gebäude wieder zusammenzusetzen, dessen Architektur völlig durcheinander geraten ist. Die Körperteile sind mutiert, verstümmelt, ineinander verwachsen. Harmlos verspielt ist Lüdins Zugriff auf das Körpermaterial nicht. Vielmehr sind es Visionen davon, was sich in den realen Sperrzonen abspielen könnte. Was Lüdin am eigenen Körper als Vision vorexerziert, ist Realität geworden. Der Körper könnte irgendwann zum Ersatzteillager werden, in dem sich der Mensch mit der gleichen Selbstverständlichkeit bedient, mit der wir heute einen Selbstbedienungsladen betreten. Was sich in Ansätzen bereits schon abspielt, entwickelt sich fort, und was wir heute noch als schockierend, abnorm und monströs empfinden, wird irgendwann vielleicht gewöhnlich und alltäglich sein. Sperrzonen, das sind auch die ethischen Barrieren in uns, die uns verbieten, den Körper technokratisch als reines Versuchsmaterial anzusehen. Es scheint, als wäre unser Körper, das fragile, vergängliche Haus, in dem wir unser Leben verbringen, als Ort individueller Freiheit gefährdeter denn je.
(aus: Zoë Jenny ‹Aus dem Körper gejagt›)

Publikationsinformationen

Titel der Arbeit
sperrzone