Sam Bosshard
Free, 2015
Winterweide
Projektbeschrieb
„Erste Priorität für den Hirten hat das Futter für die Schafe. Wenn sie zufrieden sind, ist es der Hirte auch.“ Mit diesem Ziel führt der Wanderhirte seine Herde durch die Landschaft – nicht im warmen Sommer, sondern im tiefsten Winter, bei Minustemperaturen, Schnee und Wind.
600 Schafe durchs Land zu lotsen verlangt nicht nur Entschlossenheit und jahrelange Erfahrung, sondern auch Wissen: Über das Wetter, den Boden, die Pflanzen, die darauf wachsen und die Tiere, die ihn begleiten. Er kennt jeden Bauern, auf dessen Land er Halt macht oder dessen Boden er nicht betreten darf. Und er weiss Bescheid über Brücken, Strassen, Bahnstrecken und jedes andere Hindernis in der überbauten Landschaft.
Die Reise des Wanderhirten Rudy Canonica startet in unmittelbarer Nähe des Flugplatzes Bern-Belp, führt ihn durchs Köniztal und weiter westlich an der Stadt Bern vorbei. Er überquert den Wohlensee und bahnt sich schliesslich seinen Weg durchs Seeland. Und obwohl der gebürtige Tessiner die Gegend nach 23 Jahren Winterweide in- und auswendig kennt, muss er seine Route doch täglich den Umständen anpassen.
Ich begleite Rudy für zwei Winter – mit Respekt vor seinem einzigartigen Beruf. Es ist mir wichtig, ein Verständnis zu erhalten für diese besondere Arbeit, ins Leben in der Natur einzutauchen, gegenseitiges Vertrauen aufzubauen und auch mal mit anzupacken. Dazu gehören unzählige anregende Gespräche, tagelanges Ausharren in der Kälte und viele Tassen heisser Kaffee.